Große Koalition muss nicht sein
Nach längerer und intensiver Diskussion wurde einmütig beschlossen, dass eine große Koalition auf Bundesebene abgelehnt wird, heißt es in einer Pressemitteilung des SPD-Stadtverbands Fulda.
Der Vorstand sieht keine Notwendigkeit, diesen Weg zu gehen. Dies käme, so ein Teilnehmer „einer Entleibung der SPD gleich“. Die Erfahrung der letzten großen Koalition ist noch derart präsent, dass die Befürchtung sehr groß sei, nach vier Jahren erneut zerfleddert aus diesem Bündnis hervorzugehen, schreibt Co-Vorsitzender H.-J. Tritschler.
Für die SPD auf Bundesebene muss es jetzt wichtiger sein, das eigene Profil zu schärfen und das Image der Partei aufzupolieren. Wenn die Analysen stimmen, dass die SPD nur bei den Männern über 60 ein ordentliches Ergebnis erzielt habe, „dann besteht hier dringender Handlungsbedarf!“. Anstatt jetzt alle Anstrengungen in die Bildung einer großen Koalition zu setzen wäre es wichtiger, eine „ordentliche Bestandsaufnahmen mit entsprechenden Maßnahmen einzuleiten“, fordert Tritschler.
Die Wahlsiegerin Merkel habe mit ihrer Mehrheit jetzt die Möglichkeit, endlich mal ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Und zwar in einer Minderheitenregierung. In anderen Ländern eine durchaus übliche Regierungsform, warum also nicht in Deutschland? Dann könnte sie zeigen, ob sie regieren und die selbstgewollte Alternativlosigkeit beenden kann. Dazu bedürfe es keines festen Partners, der im Zweifelsfalle als Sündenbock diene.
Eine große Koalition wäre außerdem derart übermächtig, so dass die Beschneidung einiger parlamentarischer Rechte, wie die Forderung nach Untersuchungsausschüssen oder Sondersitzungen, für die restliche Opposition die Folge wäre. Zudem könnte die Rolle in einer solchen großen Koalition und gegenüber mit einem Oppositionsführer Gysi fatalen Folgen für die SPD haben, befürchtet Tritschler.
Der einzige Grund, einem solchem Bündnis die Zustimmung zu geben, wäre die 1:1 Umsetzung des 100-Tage-Programms, mit u.a. flächendeckendem Mindestlohn von 8,50€, Abschaffung des Betreuungsgeldes und höhere Steuerabgaben für sehr Vermögende und Einkommensbezieher weit jenseits des Durchschnittseinkommens.
Viel wichtiger, als übereilt und in Posten denkend eine große Koalition zu stürzen, ist nach Meinung des SPD-Stadtverbands die Aufarbeitung der beiden schlechtesten Wahlergebnisse seit dem zweiten Weltkrieg. Dazu gehöre nicht nur, Strategien, Erscheinungsbild und Inhalte zu überprüfen, sondern auch darüber nachzudenken, wie sich die Partei personell neu aufstellen will. Es könne nicht sein, dass nach diesem Wahlergebnis so getan werde, als wäre eigentlich nichts passiert. Und fast dieselben Personen, die die letzten beiden Wahlergebnisse zu verantworten haben, einfach so wieder in entscheidenden Rollen zu finden sind.
Und der Clou des Ganzen ist dann eine Mitgliederbefragung, die dann möglicherweise über ein fertiges Koalitionspapier mitentscheiden dürfe. Während nur der Parteikonvent über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden darf. Auch in Bezug auf Mitwirkungsrechte bestehe noch viel Handlungsbedarf.
Darüber hinaus freue man sich, dass Birgit Kömpel den Einzug ins Parlament geschafft habe. Der Vorstand dankt ihr für den engagierten und vor allem mit Herzblut geführten Wahlkampf. Sie habe gezeigt, worauf es ihr ankommen: immer bei den Bürgerinnen und Bürgern, mit offenem Ohr und dem Willen, in Berlin für die osthessische Region zu arbeiten. Für die SPD sei es wichtig, dass Brandt nicht mehr alleiniger selbsternannter Vertreter der Region sei, sondern eine mindestens ebenbürtige Kontrahentin habe. Damit werde gewährleitet, dass Fulda nicht mehr so einseitig in Berlin repräsentiert werde, heißt es zum Schluss der Pressemitteilung.